von Clara Hanssen
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9. Dezember 2025
Ancient Brain in a Modern World: Gedanken über das Leben zwischen den Welten Etwas, womit ich täglich kämpfe, ist eine grundlegende Verwirrung und Desorientierung. Dieser schwere Nebel lässt die Welt um mich herum schwanken und macht es an Tagen wie diesem unmöglich, selbst die grundlegenden Dinge zu tun, die dringend notwendig wären: mein Zimmer aufräumen, etwas Richtiges essen, einkaufen, erden, einen Spaziergang machen. Der Verlust von Kohärenz in dieser Welt und die ständige Verzerrung zehren an mir. An solchen Tagen wird es zur unlösbaren Aufgabe, mein eigenes Chaos zu klären. Ich hebe einen Gegenstand auf, laufe damit herum, um ihn anschließend genau dorthin zurückzulegen, wo er herkam. Beziehung mit Materie fühlt sich an wie eine Wissenschaft voller Formeln, die ich nicht verstehe. Ich starre das Chaos an, als wäre es ein fremder Gast, der unangekündigt auftauchte – jemand, zu dem ich keinerlei Verbindung habe und von dem ich nicht weiß, wie ich ihn behandeln soll. Und mit der Zeit gewöhne ich mich an ihn und bemerke seine Präsenz kaum noch. Ich mache Listen. Ich wache auf mit voller Entschlossenheit, endlich zu putzen. Doch meine gelebte Realität ist: Willenskraft reicht oft nicht aus. Ich habe das Gefühl, keinen Zugang zu dem Teil in mir zu haben, der weiß, wie man diese einfachen Aufgaben erledigt. Mein Sein ist damit beschäftigt, Informationen zu verarbeiten. Ich lebe nie einfach nur an Tag X im Jahr Y, kümmere mich um mein persönliches Zeug und gehe meinem Leben nach. Mein Heute sind moderne Zivilisationen; mein Gestern sind die animistischen Zeiten, die 99 Prozent unserer Geschichte als Menschen ausgemacht haben. Wenn ich aufwache, gibt es immer diesen Moment der Desorientierung. Jeden Tag frage ich mich aufs Neue, wie wir Menschen über Nacht hier landen konnten. Es überwältigt mich, wie tief sich unsere Wahrnehmung von Realität und unser Verhältnis zum Leben verändert haben – und dass wir die letzten tausend Jahre überhaupt so überlebt haben. Wir befinden uns in einem Fiebertraum, und so vieles ist einfach absurd fremd. Ein Trauma, was keine Therapie je lösen kann. Für die meisten mag die alte Welt weit entfernt erscheinen. Für mich ist sie nur einen Steinwurf entfernt – kein theoretisches Wissen aus Büchern, sondern ein verkörpertes Erinnern. Jeden einzelnen Tag versuche ich zu verstehen, was letzte Nacht passiert ist: der Aufstieg des Konsumismus, der Objektifizierung, die Abtrennung von der Nabelschnur zum Organischen und die Herrschaft der Menschen über alle anderen Wesen. Ich will nicht dauerhaft darüber nachdenken – doch mein Gehirn assoziiert ununterbrochen, verbindet Punkte, versucht sich zu orientieren – wie ein GPS, das verzweifelt versucht, ein Signal zu finden, um sich zu lokalisieren. Es ist zutiefst seltsam, mit einem archaisch verdrahteten Gehirn in dieser Zeit zu existieren. Ich bin nicht einmal annähernd in der Lage, sein volles Potenzial zu nutzen oder die Netzwerke wiederherzustellen, die einst unsere Hauptzugänge zum Leben waren. Doch ich trage ein unbestreitbares Erinnern an ein Dasein, was vorallem von der rechten Gehirnhälte geformt wurde. Eine Ganzheitliche Wahrnehmung, die vernetzt ist, und das Bewusstsein anderer Wesensformen - Tiere, Pflanzen, Steine, Berge, Gewässer annehmen kann. Eine Wahrnehmung, die durch lineare Sprache und später Schrift und die Verbannung des Heiligen in den Himmel (durch die neuen Religionen), langsam fragmentiert wurde. Das Training, diese Fähigkeiten zurückzugewinnen ist langsam und widerspricht allem, was man uns dazu beibringt, als „wie die Dinge sind“. Mein Gehirn ist zu alt für die Moderne und zu modern für die alten Wege. Und doch - in beiden Welten zu leben, Grenzgänger zu sein, heimatlos…. öffnet auch den Weg, die Geschenke und Potenzialer beider Welten zu verweben und etwas drittes zu schaffen. Anstatt zu putzen, sitze ich hier und arrangiere Worte, versuche, mich schreibend zurück in meine geistige Gesundheit zu holen. Ich brauche Erdung in einer bodenlosen Realität. Der einzige nachhaltige Weg ist für mich, langsam ein neues Fundament zu formen, das mich in etwas tieferem verwurzelt als die synthetische Realität. Das Chaos ist nicht bloß Faulheit oder ein persönlicher Defekt. Es ist Ausdruck eines grundlegenden Kampfes, mich in einer Welt zu halten, die nicht nur haltlos ist, sondern sich um eine Inversion dreht: Das Gute wird als schlecht behandelt, und das Schlechte maskiert sich als gut. Fundamentale Prinzipien, die einst Balance und rechte Beziehung sicherstellten, wurden umgedreht. Ständige Indoktrination erzählt uns, dass unsere Menschlichkeit ein Defekt sei, dass wir konsumieren, hart arbeiten, uns optimieren und verbiegen müssen, um irgendwann einen Platz der Ruhe zu finden. Wir formen, verdrehen, verleugnen und verraten das, was unser Körper als wahr erkennt. Ich dachte, Heilung würde das Leben leichter machen. Doch die Wahrheit ist: Je mehr ich Masken ablege, je durchlässiger ich für die Empfindungen meines Körpers werde, desto schwerer werden der Alltag und Beziehungen. Je mehr schwappt die Lebendigkeit in gesellschaftlich „unangemessenen“ Momenten“ durch, fällt das still sitzen oder das aushalten von nicht-liebevoller Umgebung schwer. Je mehr Angst kriecht in mich hinein - Angst, das Bild zu enttäuschen, das Menschen von mir haben; Angst, ausgestoßen zu werden und ganz allein zu enden. Ich habe keine Zugehörigkeit zu irgendeiner Gruppe, und Angriffe können aus jeder Richtung kommen, wenn Menschen seltsame Projektionen auf mich werfen (Männerhasserin, Rassistin, Götzenanbeterin, vom Teufel besessen…). Die spirituelle (New Age) Welt bot Werkzeuge zum Überleben: Die Überzeugung, dass alles ein Seelenplan ist, dass alles einen tieferen Sinn hat, dass wir alles selbst erschaffen, dass es keine Trennung gibt und „du ein anderes Ich bist“, dass jeder sein Traum-Leben haben kann, wenn er nur „die Arbeit macht“. Die Vorstellung eines kommenden neuen Zeitalters mit Menschen, die als leuchtende Avatare in Harmonie und Güte leben, war anfangs tröstlich. …bis ich die Grausamkeit und unterschwellige Aggression jener sah, die bedingungslose Liebe und Aufstieg predigten. Je wahrhaftiger ich werde, desto mehr Menschen verliere ich. Es gab viele Segnungen in den fünfzehn Jahren seit meiner Unterweltreise, aber auch lange Phasen ohne enge oder tragfähige Verbindung. Ich passe nicht zu den spirituellen Leuten, weil ich die Ankunft eines goldenen Zeitalters (new age) für eine Illusion halte; ich lerne von indigenen Menschen, werde aber nie wirklich eine von ihnen sein; ich bin weder links noch rechts; ich glaube, viele Verschwörungstheorien haben einen wahren Kern, aber die zynische Energie stößt mich ab; und ich verbinde mich nicht über Ideologie. Auch in Autismus/ADHS-Communities passte ich nicht rein, weil die Bindungen dort oft rund um virtuelle Spiele, Dungean and Dragons, Kinks oder andere Dinge entstehen, die mich nicht interessieren. Viele Menschen finden Erleichterung und Identität in psychiatrischen Diagnosen. Ich habe einige, doch keine davon hat wirklich etwas verändert. Selten gehe ich auf erste Dates und noch seltener auf zweite oder überhaupt in neue Freundschaften, weil ich öfters Menschen mit meinen langen und offenen Antworten befremde …. oder weil ich zutiefst irritiert bin von Grobheit und das Gefühl habe, ich verstehe ihr „Handbuch“ einfach nicht Je mehr ich dem folge, was in mir lebendig ist, desto schwerer wird es, meine Arbeit zu monetarisieren und ein vermarktbares Ergebnis abzuliefern. Worte für das zu finden, was ich geben kann, fällt mir schwer, da sie Erwartungen erzeugen, was „passieren“ soll. Und Vorstellungen stehen meist dem im Weg, was wirklich sein will. Oft sind es die ungeplanten Momente, in denen ich nichts beabsichtige, nichts versuche - in denen Gnade durchbricht und Wirkung sich entfaltet. Ganz ohne Tool, Technik, Agenda. Dieses Momente sind so delikat. Und all meine bisherigen Versuche, sie zu professionalisieren, kollidierten mit der Magie, die nur entsteht, wenn ich ganz Mensch bin, ungeplant, unkontrolliert… nicht festzulegen auf einen Ort oder ein Format oder eine Erwartung von Transformation, Heilung etc. Je mehr ich heile (mir erlaube wieder Mensch zu sein) desto mehr fühle ich mich hingezogen zum Hässlichen, Schlammigen, Zerbrochenen. Je mehr verliere ich das Interesse an dem, was ich einst wollte: Reisen, Neo-Tantra, Romantik, Retreats, ein Business aufbauen. Einst strahlte ich in Priesterinnenkleidern: begehrt, gewollt, für eine Mysterienschule arbeitend, gut verdienend, enthusiastisch über kollektives Erwachen sprechend und den New Age Tribe. Kosmisches Cosplay. Doch darunter blieb die Depression. Es tut mir leid, dass ich alle getäuscht habe (inklusive mich selbst), als ich jemanden spielte, die alles verstanden hat. Ich glaubte wirklich daran. Ich wurde getragen von dem tiefen Wunsch, das es wahr ist: ein neues Zeitalter… die Vision des kollektiven Aufstiegs und einer Zeit ohne Grausamkeit. Meine Sehnsucht war groß genug, um mich vor mir selbst zu verstecken. Um mich zu verstecken vor dem Chaos und dem Herzbruch, der die ganze Zeit da war. Ich räumte eine Ecke meines Zimmers auf, zog ein schönes Kleid an, machte Videos über die neue Zeit – und wollte, dass es wahr ist. Es war nicht alles schlecht, was ich in der Zeit gemacht habe. Ich habe Herzblut in die Arbeit gegeben, und Teile meines Wesens. Manche Inhalte der Schule waren wertvoll - doch unterwandert von einem Paradigma, dass in den selben Endzeit-Szenarien gegangen ist wie die heutigen Religion und einer Besessenheit, das Mensch Sein „zu bereinigen“. Ich glaube, ich bin anfälliger für Sucht als je zuvor, weil ich so viele Illusionen opfern musste, die mich früher über Wasser hielten. Ich habe seit 12 Jahren keinen Alkohol getrunken und keine anderen Drogen genommen, aber mein Social-Media-Konsum ist seit einem Jahr am eskalieren. An manchen Tagen besteht meine Ernährung nur aus Schokolade und Chips, und ich koche fast nie. Natürlich macht das alles noch schlimmer. Aber fυсk. Manchmal kostet es schon alle Energie, überhaupt am Leben zu bleiben und die grundlegendsten Dinge zu tun. Es ist so einsam manchmal, und ich weiß manchmal nicht, wie ich die Kluft ertragen soll zwischen dem, was ich weiß und fühle – und der Realität, in der ich lebe… der „Normalität“, die wir geschaffen haben. Ich stehe seit meiner Unterweltreise vor fünfzehn Jahren unterschwellig am Rand des Wahnsinns. Ich bete nicht mehr um grandiose Manifestationen, sondern um Zuflucht im Alltäglichen und Einfachen. Wäre ich nicht gewissen Lehrer*innen begegnet – und hätte ich nur ein wenig mehr Trauma gehabt –, wäre ich vielleicht in einen geistigen Zustand gekippt, der mich gänzlich abgeschnitten und fragmentiert hätte. Ich verstehe, wie Menschen an der Diskrepanz zerbrechen zwischen dem, was sie als wahr empfinden und dem, worauf die Welt besteht. Wenn niemand unsere Wahrnehmung bestätigt, verlieren wir das Zugehörigkeitsgefühl, das ein Grundbedürfnis ist, und müssen uns abspalten, in eine andere Sphäre zurückziehen. Wir haben diese Idee, dass Heilung uns unser Traumleben manifestiert: das Geld fließt mühelos, den Seelenpartner finden, irgendwo schön Off-Grid leben, frische Lebensmittel aus dem eigenen Garten essen. Ich sah jemanden posten, man könne die eigene Selbstliebe und die Verwirklichung der Seele messen anhand des Kontostands, des Traumpartners und eines magischen Sехlеbеns. Aber was, wenn diese Idee ein Hoax ist? Manche von uns fühlen das kollektive Nervensystem jeden Tag und sind verdrahtet für einen archaischen Strom, der mit dem kollektiven Normal nur wenig zu tun hat. Wir werden vielleicht nie das Privileg haben, vollständig verkörpert und präsent zu sein, ohne tief beeinflusst zu werden von dem, was mit der Menschheit, den Tier- und Pflanzenwesen, der Erde passiert … unserer erweiterten Verwandtschaft. Was, wenn manche von uns so tief in Liebe sind mit Wahrheit, und unsere Körper so kalibriert auf das Gewebe des Lebens, dass wir niemals aufhören werden, das Ausmaß der Verzerrung um uns herum zu spüren – und wir nur lernen, etwas besser damit zu leben und Unterstützungsnetzwerke aufzubauen? Diejenigen unter uns, deren Gehirne verdrahtet sind für die Sprache der Symbole, für Kommunikation ursprünglicher als lineare Worte, deren Weg eine Spirale ist. Diejenigen, die das ganze Paradigma von „Selbstentwicklung, Selbstfürsorge, manifestiere dein Traumleben“ einfach nicht greifen können … weil sie die Menschheit als Organismus fühlen. Und selbst wenn wir Grenzen setzen lernen – wir werden nie aufhören, tief zu fühlen. Wir werden immer mit gebrochenem Herzen leben, solange die Menschheit in dieser Psychose ist. Wir können trotzdem Genuss erleben - es ist Nahrung für die Erde und unsere Körper, die aus ihr geschaffen sind. Aber die Wunde wird uns begleiten. Manche von uns sind für ein Leben der Gegenseitigkeit kalibriert. Wir erschaffen keine Visionen. Die tiefere Intelligenz des Lebens lebt uns. Wir lernen, diese Ströme mit mehr Unterscheidungskraft zu navigieren und Menschen zu finden, die uns sehen und lieben, sodass wir ein bisschen weniger einsam sind. Doch wir erleben jeden Tag die Unkontrollierbarkeit des Lebens und finden vielleicht sogar Trost und tiefere Erfüllung in einer Realität, die sich nicht unserer Kontrolle und unserem Vorstellungen unterwirft. Die Bedeutung meines Namens ist Klarheit. Ist es ein Paradox, dass ich in Gewässern der Verwirrung schwimme? Nur in einem transzendenten, linearen, lichtbasierten Paradigma. In einer organischen, immanenten Realität ist Paradox das Grundgewebe dieser Welt. Ich leide enorm unter den Verzerrungen unserer Zeit. Mein Sein muss Kohärenz berühren, um zu überleben und nicht vom Rand dieser Erde in den Wahnsinn zu fallen. Und zugleich: Würde ich den Antrieb haben, über das Bekannte und Normative hinauszugehen, wenn ich nicht leiden würde? Mein gebrochenes Herz über den Verlust eines animistischen, beseelten Lebens informiert mich darüber, was durch mein Sein zurückkehren will. Unsere Gaben entspringen unseren Wunden. Meine tiefe Kalibrierung für Verzerrungen lässt mein Herz täglich bluten, ist aber auch die Quelle meines Verlangens nach Kohärenz und der Leidenschaft, die mich antreibt zu forschen. Meine Zerbrochenheit hält mich offen für das Unbekannte. Von dem Tag an, an dem ich bereit war zu sterben, hatte ich nichts mehr zu verlieren… und seitdem gehe ich Wege, von denen die meisten Menschen nicht einmal wissen, dass ein Mensch sie betreten darf. Manchmal mögen wir uns vielleicht wie Hochstapler fühlen, wegen all der Widersprüchlichkeiten in uns, und haben das Gefühl keinen Sinn zu ergeben. Menschen fragen mich, woher ich meine klaren Worte und Einsichten nehme. Kann ich ihnen sagen, dass Verwirrung mein Grundzustand ist – und dass beim Schreiben Tropfen von Klarheit aus dem Schlamm auftauchen? Wenn du siehst, dass ich viel veröffentliche, gehe ich wahrscheinlich gerade durch eine harte Zeit. Diese Tropfen halten mich am Leben und sind gleichzeitig mein Beitrag an diese Welt. Wir geben anderen das, was wir selbst am nötigsten haben – die Medizin, nach der unsere Seele sich sehnt, hervorquellend aus der Kernwunde: dem, was in uns schmerzt und nicht loslässt, uns fast verfolgt. Das Leben ist ein chaotisches, sich ständig wandelndes Wesen. Sie saugt uns in ihren heiligen Bauch, verdaut uns, spuckt uns aus, verschlingt uns erneut. In einer Welt der KI ist Authentizität die einzige Prämisse, die wir haben. KI kann nicht aus jenem Ort sprechen, an dem verzweifelte Sehnsucht oder ein gebrochenes Herz wohnen. Die Informationen der KI stammen aus dem, was Menschen beigetragen haben. Am Ende sind es unsere Kämpfe, unsere Sehnsucht, unsere Wunden, die uns unterscheiden von einem künstlichen Menschen. Virtuelle Realität hat immer eine kühlere Textur als jene Schöpfungen, die aus einem rasenden Herzen geboren werden… aus Reibung und Kampf, aus Sehnsucht, Tränen, Schweiß, Zweifeln, dem Sitzen mit dem Unbekannten – und vor allem: Liebe. Warm. Berührbar. Verletzlich. ⸻ 🔻 Wenn du etwas aus diesem Text bekommen hast und zurückgeben möchtest, freue ich mich, wenn du mir einen Kaffee oder Schokolade spendierst: Paypal: clara@schwarzes.gold